Presse

Sächsische Zeitung, 18. Januar 2002

Kaisertrutz zu schwach für die neue Galerie

Bauverwaltung lehnt Umbau für städtische Kunstsammlung ab

Von Frank Seibel

Während sich Zittau auf die große Habsburg-Ausstellung im frisch restaurierten Heffter-Bau freut, bangt die Görlitzer Kulturverwaltung um das wichtigste Ausstellungsprojekt des Jahres. Die neue Gemäldegalerie im Kaisertrutz ist gefährdet

Die Haushaltssperre im vorigen Jahr war ein Klacks gegen die neuen Sorgen. Die Restaurierung der alten Bilder im Fundus der Städtischen Sammlungen ist seit dem vorigen Sommer trotz der Geldnot gut voran gekommen. Doch ob die Gemälde und Grafiken ab Mai tatsächlich im großen Rahmen gezeigt werden können, steht zurzeit in den Sternen. Die Bauverwaltung hat eine Genehmigung aus Sicherheitsgründen abgelehnt. Im oberen Stockwerk des Kaisertrutzes fehlt ein zweiter Fluchtweg, und der Boden gilt als nicht mehr stabil genug für die geplanten Umbauten wie auch für große Besucherzahlen. Vor allem die vorgesehenen Zwischenwände im Rondell sind ein Problem, sagte Kulturamtsleiter Stefan Waldau gestern zur SZ.

"Wir sind jetzt schneller als befürchtet an dem Punkt, an dem es nicht mehr geht." Ulf Grossmann, Kulturbürgermeister.

Für Bürgermeister Ulf Großmann war dies die zweite Hiobsbotschaft innerhalb kurzer Zeit. Erst vorige Woche musste er die Schließung der Ulber-Sporthalle in Rauschwalde veranlassen. Viel schneller als erwartet, war der Boden unbespielbar geworden. Auch beim Kaisertrutz war das Thema "seit mehreren Jahren bekannt", sagt Großmann. "Aber wir sind jetzt schneller als befürchtet an dem Punkt, an dem es nicht mehr geht."

Eine umfassende Modernisierung des Museums musste bislang zurücktreten. Stattdessen floss viel Geld in die unmittelbare Nachbarschaft des Kaisertrutzes, in das Theater. Weil diese Sanierung teurer wurde als geplant, ist der Spielraum für zusätzliche Investitionen noch geringer als ohnehin, erläutert der Kulturbürgermeister. Etwa 7,5 Millionen Euro (rund 15 Millionen Mark) würde es nach Schätzung der Kulturverwaltung kosten, aus dem Kaisertrutz ein modernes Museum mit einer neuen, großen Ausstellung zur Stadtgeschichte sowie einer neuen Gemäldegalerie zu machen. Noch einmal so viel Geld müsste ins Barockhaus Neißstraße 30 gesteckt werden, rechnet Amtsleiter Waldau vor.

Am Ziel, in diesem Jahr eine neue Gemäldegalerie zu eröffnen, die unter anderem dem angesehenen Künstler Johannes Wüsten eine große Plattform bieten soll, an diesem Ziel halten Waldau und Großmann fest. Auch auf ein Provisorium im Kaisertrutz würde er sich einlassen, wenn es denn genehmigt würde. Skeptisch sieht er jedoch die Idee, in die ehemalige Mensa in der Joliot-Curie-Straße (Ecke Johannes-Wüsten-Straße) zu ziehen. Zusätzliche Betriebskosten fürchtet er und zweifelt zudem, ob ein vierter Museumsstandort - zudem etwas abseits - angenommen würde.

Kulturbürgermeister Großmann denkt an das Wort ,,Provisorium" mit Unbehagen. Das könnte schnell zur Dauereinrichtung werden, fürchtet er. Wenn es die Stadt wirklich ernst meine mit der Bewerbung um den Titel der ,,Kulturhauptstadt Europas", sei mit Übergangslösungen nicht viel gewonnen.

Ob noch in diesem Jahr Geld für eine Modernisierung des Kaisertrutzes bereit gestellt wird, bezweifelt er angesichts des Defizits im aktuellen Etat-Entwurf. Doch im kommenden Jahr müsse die Stadt dafür Geld aufbringen. Dabei hofft Großmann auch auf Förderung durch die Bundesregierung, die Kultureinrichtungen im Osten Deutschlands unterstützen will Doch hat er sich in den vergangenen zehn Jahren darauf eingestellt, dass Großprojekte nur scheibchenweise umgesetzt werden, weil das Geld für einen großen Wurf fehlt.

Immerhin sei der Kaisertrutz nicht mehr von Grund auf sanierungsbedürftig. Die Fassade wurde in den vergangenen Jahren restauriert und das Tiefgeschoss hergerichtet. In der kommenden Woche will sich die Verwaltung auf den weiteren Weg verständigen.